Informationsabend der Heimvolksschule St. Maria Fürstenzell zum Thema Cyber-Grooming
Kinderseelen vor den Gefahren des Internets bewahren
Den meisten Eltern sind die gängigen sozialen Netzwerke wie Facebook und WhatsApp geläufig und werden von diesen auch häufig genutzt. Von Instagram, Snapchat und TikTok hat man sich zwar ebenfalls ein ungefähres Bild gemacht, hier tummeln sich jedoch zumeist Jugendliche und junge Erwachsene. Sie sind für einen Großteil der Erziehungsberechtigten eher wenig bekanntes Terrain. Des Weiteren herrscht die Meinung vor, dass das Internet zwar Gefahren birgt, man diese im eigenen Zuhause und bei den eigenen Kindern jedoch gut im Griff habe. Dass dem leider nicht so ist, mussten zu ihrer Überraschung viele Eltern bei einem Vortragsabend zum Thema „Cyber-Grooming“, zu dem die Heimvolksschule Fürstenzell eingeladen hatte, zur Kenntnis nehmen.
Beratungslehrer Werner Brattinger (li.) und Matthias Schacherbauer, Vertrauenslehrer und Klassenleiter der 9a. Foto: SMF
Das Wort "Cyber-Grooming" bedeutet im Deutschen so etwas wie "Internet Anbahnung". Damit ist das gezielte Ansprechen von Personen in sozialen Netzwerken mit sexuellen Handlungen als Ziel gemeint. Unter der Federführung von Beratungslehrer Werner Brattinger und Vertrauenslehrer Matthias Schacherbauer wurden erschreckende Beispiele und Fakten aufgezeigt: Laut einer repräsentativen Befragung, die die Landesanstalt für Medien NRW in Auftrag gegeben hatte, werden junge Menschen im Netz oft von Erwachsenen mit sexuellen Missbrauchsabsichten kontaktiert. Diese nutzen dafür viele Kanäle, zum Beispiel Instagram (31%), WhatsApp (26%) und Snapchat. Aber auch bei scheinbar gefahrlosen Online-Games wie FIFA und Minecraft werden die Chatfunktionen für Cyber-Grooming missbraucht. Überraschend schnell werden auch Kinder zu einer Verabredung aufgefordert (24%), gedrängt, sich vor der Webcam auszuziehen (14%) oder bekommen unaufgefordert Nacktbilder zugeschickt (15%). Häufig (16%) werden den Minderjährigen auch Gegenleistungen in Form von Geld oder Geschenken angeboten. Betroffen sind sowohl Jungen als auch Mädchen. Auffallend, wenn auch nicht überraschend, ist die Tatsache, dass diese Taten zu 99% von Männern begangen werden, wobei der überwiegende Teil noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
Laut Beratungslehrer Werner Brattinger berichteten auch bei Umfragen an der Heimvolksschule so manche Schülerinnen und Schüler von derartigen Erfahrungen im Netz, obwohl sich ein Großteil davon jedoch laut Matthias Schacherbauer schon recht kompetent im Netz bewegt. Die Thematik tritt demzufolge aber an jeder Schule auf. Die meisten geben an, dass sie diese Anfragen einfach ignorieren und den „Täter“ innerhalb ihres Chats blockieren. Um diese Gefahr zu verdeutlichen, führten die beiden Lehrkräfte den vom Kreisjugendring empfohlenen Film „Gefangen im Netz“ vor.
Hier wurden Mädchenzimmer für Erwachsene, aber noch minderjährig aussehende Mädchen in einem Fernsehstudio eingerichtet und für diese Profile in verschiedenen sozialen Netzwerken erstellt, um zu testen, wie schnell Kinder von fremden Personen kontaktiert und auch belästigt werden. Das Ergebnis war für alle mehr als bestürzend. Meistens dauerte es nur Minuten, bis erste einschlägige Kontaktanfragen gestellt waren, oft bereits mit Fotos pornographischen Inhalts. Die Mädchen wurden auch schnell um Nacktfotos gefragt und es war erstaunlich, welch perfide Methoden die Täter verwendeten, um derartiges Material zu ergattern. Eindringlich warnten die Macher des Films auch davor, derartige Inhalte herauszurücken, denn das Internet vergisst nie. Einmal gepostet, bleibt es für immer weltweit verfügbar. Eine noch größere Gefahr besteht in der Erpressbarkeit der Minderjährigen, sobald das Bildmaterial in die Hände der Täter gelangt ist.
Bei der anschließenden, regen Diskussionsrunde mit Werner Brattinger, Matthias Schacherbauer und Rektor Max Lehner gaben die beiden Lehrkräfte noch wichtige Tipps, wie Eltern sich verhalten können, sollte Derartiges im eigenen Umfeld vorkommen. Man sollte im Vorfeld bereits die lauernden Gefahren thematisieren: Das Kind muss wissen, dass es sich bei oben geschilderten Vorfällen den Eltern oder den Beratungs- bzw. Vertrauenslehrern anvertrauen sollte, auch wenn es sich eventuell selbst bereits falsch verhalten hat. Abschließend waren die Eltern einer Meinung, dass dieses Thema unbedingt auch im Unterricht ab den siebten Klassen behandelt werden muss.